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Einleitung

Der Begriff „Spastik“ stammt von dem griechischen Wort Spasmus. Es bedeutet soviel wie „Krampf“. Bei einer Spastik nimmt plötzlich und unkontrolliert die Muskelspannung (der Mediziner spricht von „Muskeltonus“) zu. Das geschieht, wenn man sich bewegt, oder er wird durch äußere Reize z.B. Hitze, Kälte, Druck, oder Schmerz ausgelöst. Das harmonische Zusammenspiel von Beuge- und Streckmuskulatur ist gestört. Feine Bewegungen fallen schwer oder werden ganz unmöglich. Überhaupt ist die Beweglichkeit oft stark eingeschränkt. Das kann bis zu einer spastischen oder schlaffen Lähmung gehen. Auch die Körperhaltung ist oft stark beeinträchtigt.

» Wie kommt es zur Spastik?

Das Phänomen der „Spastik“ ist äußerst vielschichtig. Unterschiedliche Schädigungen und Defekte im Bereich des Rückenmarks oder des Gehirns, hervorgerufen durch z.B. Querschnitt, Multiple Sklerose, Schädel-Hirn-Trauma oder Zerebralparesen, können verschiedene spastische Symptome produzieren. Je nach Art und Schweregrad der Spastik unterscheiden sich die therapeutischen Ziele und Maßnahmen für einzelne Patienten.

» Allgemeine Therapieoptionen bei Spastik:

Wenn die Ursache der Spastik nicht rückgängig gemacht werden kann - und das ist in manchen Fällen nicht möglich - kann man die Spastik nur „symptomatisch“ behandeln. Das heißt, die Nervenschädigung selbst kann zwar nicht geheilt werden, aber ihre Folgen und Auswirkungen lassen sich behandeln bzw. vermindern. In Abhängigkeit von der Schwere der Spastik hat sich folgender Stufenplan in der klinischen Praxis bewährt:

  • Krankengymnastische Therapie (z.B. Beseitigung von Störreizen; Hitze, Kälte, usw.)
  • Medikamentöse Therapie bei Spastik, insbesondere bei bettlägerigen Patienten
  • Orale antispastische medikamentöse Therapien
  • Botulinum –Toxin - Therapie (BOTOX) speziell bei fokaler Spastik
  • Intrathekale Infusionstherapie mit Baclofen - ITB™ bei schwerer Spastik
  • Selten angewandte Therapien (z.B. Durchtrennen von Nervenbahnen im Rückenmark)

 

Intrathekale Baclofentherapie

» Was kann gegen schwer behandelbare Spastik getan werden?

Bei Bewegungsstörungen, die durch schwere Spastik hervorgerufen werden und nicht oder nur unzureichend auf konservative Therapien ansprechen, kann die intrathekale Infusion mit einem spastikreduzierenden Arzneimittel eine Behandlungsalternative darstellen. Die intrathekale Arzneimittelinfusion wird schon seit den frühen 80er Jahren zur Behandlung therapieresistenter Spastik eingesetzt. Seit dem profitieren weltweit Tausende von Patienten von dieser Methode.

» Wie wirksam ist die intrathekale Arzneimittelinfusion?

Die intrathekale Arzneimittelinfusion ITB™ hat sich in einer Vielzahl von internationalen Studien bei bis zu 80 Prozent der behandelten Patienten als wirksames Mittel zur Spastikbehandlung erwiesen. Außerdem ließ sich eine Verbesserung des Allgemeinbefindens der Patienten sowie eine reduzierte Einnahme von zusätzlichen Medikamenten feststellen. Dadurch konnten viele Patienten ihre Lebensqualität verbessern und wieder an den Aktivitäten des Alltags teilnehmen oder sogar an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.

» Aktuelle Zahlen:

Zur Zeit gibt es im deutschsprachigen Raum ca. 12.000 unzureichend behandelte Patienten mit schwerer Spastik, hervorgerufen durch unterschiedlichste Erkrankungen. Jedes Jahr kommen ca. 1500 - 2000 dazu. Durch die spezielle ITB™- Therapie können die Patienten nicht nur profitieren, sondern es können auch Folgekosten (z.B. durch operative Eingriffe, verbesserte Pflege, weniger orale Medikamente) eingespart werden. In den letzten 7 Jahren konnten mehr als 20.000 Patienten weltweit von der ITB-Therapie profitieren, davon mehr als 4.000 in Europa.

 

» Was ist eine intrathekale Arzneimittelinfusion und wie wirkt sie?

Die Art der Arzneimittelverabreichung ist das Besondere an dieser Therapie. Hierfür wird eine kleine Pumpe unter die Haut im Bauch implantiert. In dieser Pumpe befindet sich ein Medikament, welches über einen dünnen, flexiblen Schlauch, den Katheter, direkt in den sogenannten intrathekalen Raum (Rückenmarkskanal) abgegeben wird. Dies ist ein Flüssigkeitsraum, der sich entlang des Rückenmarks erstreckt. Im Rückenmark befinden sich die Nervenzellen die die Muskelspannung steuern. Da das Medikament direkt in die unmittelbare Nähe dieser Nervenzellen abgegeben wird, kann durch die intrathekale Arzneimittelinfusion eine erfolgreiche Spastikminderung schon bei erheblich niedrigeren Medikamentendosen erreicht werden, als man üblicherweise oral (als Tabletten) einnehmen müsste. Dadurch können die Nebenwirkungen, die oft mit anderen Therapien einhergehen, auf ein Minimum reduziert werden.

» Das SynchroMed® Infusionssystem

Der Arzt kann das intrathekale Arzneimittel¬infusionssystem SynchroMed® der Firma Medtronic verschreiben. Dieses Gerät gibt es seit vielen Jahren und es ist weltweit bereits bei mehr als 20.000 Patienten eingesetzt worden. Es ist ein vollständig implantierbares und programmierbares System, das aus zwei Teilen besteht (Katheter und Pumpe). Der Katheter ist ein dünner, flexibler Schlauch. Ein Ende ist an die Pumpe angeschlossen, das andere Ende wird in den Flüssigkeitsraum am Rückenmark (intrathekaler Raum) platziert. Die Pumpe beinhaltet einen Arzneimittelvorrat und gibt automatisch die programmierte Menge des Arzneimittels durch den Katheter ab.

Der Arzt kann das SynchroMed® Arzneimittel-infusionssystem aufgrund der folgenden Vorteile auswählen:

Klein – Das SynchroMed® Arzneimittelinfusions-system ist zur Zeit das kleinste elektronische Infusionssystem der Welt.

Programmierbar – Ihr Arzt kann die Menge und den zeitlichen Ablauf der Medikamentenabgabe durch die Pumpe schnell und einfach mit einem kleinen, computerähnlichen Programmiergerät einstellen. Ihre Spastiktherapie kann dadurch individuell angepasst und jederzeit optimiert werden.

Sicher – Das Programmiergerät berechnet genau das Datum der nächsten Auffüllung. Sollten Sie doch einmal den Auffülltermin vergessen haben, erinnert Sie die Pumpe durch einen Alarmton daran.

 

Häufig gestellte Fragen

F. Wie kann ich sicher sein, dass die intrathekale Arzneimittelfusion bei mir wirkt?

A. Ihr Arzt wird eine Testbehandlung vornehmen, bei der Sie die Vorteile der intrathekalen Arzneimittelinfusion kennen lernen können, bevor Sie entscheiden, ob eine SynchroMed® Pumpe bei Ihnen implantiert werden soll. Dieser Test kann ambulant durchgeführt werden oder Sie können für kurze Zeit ins Krankenhaus eingewiesen werden. Der Test dauert im Allgemeinen wenige Tage. Entweder erhalten Sie eine oder mehrere kleine Injektionen in den intrathekalen (rückenmarksnahen) Raum oder es wird für die Dauer des Tests ein Katheter in den intrathekalen Raum gelegt, der an eine externe, außen am Körper getragene Pumpe zur Abgabe des Arzneimittelsmittels angeschlossen wird.

F. Warum wirken intrathekale Arzneimittel anders als Tabletten?

A. Bei der intrathekalen (rückenmarksnahen) Arzneimittelinfusion wird das Medikament direkt an dem Bereich des Rückenmarks abgegeben, wo die Nervensignale übertragen werden.

Im Unterschied dazu haben oral eingenommene Medikamente einen systemischen Effekt. „Systemisch“ bedeutet, dass das Medikament den ganzen Körper „überflutet“, anstatt nur konzentriert an einer Stelle zu wirken. Dieses verursacht oft Nebenwirkungen, wie Schläfrigkeit, Verstopfung und Verwirrung, weswegen der Arzt Ihnen vielleicht keine höheren Dosen der oral eingenommenen Arzneimittel verschreiben kann.

F. Kann ich durch die Pumpe die Einnahme anderer Arzneimittel verringern oder einstellen?

A. Ihr Arzt wird feststellen, ob Sie noch weitere Medikamente einnehmen müssen. Bei vielen Patienten mit intrathekaler Arzneimittelinfusion kann die Einnahme anderer oraler antispastischer Arzneimittel zumindest reduziert werden. Um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden, sollten Sie keinesfalls eigenmächtig Änderungen in Ihrer Medikamenteneinnahme vornehmen. Bitte folgen Sie den Anweisungen Ihres Arztes.

F. Welche Risiken bestehen bei der intrathekalen Arzneimittelinfusion?

A. Komplikationen mit SynchroMed® Infusionssystemen sind selten und treten nur bei sehr wenigen Patienten auf. Wie bei jedem anderen chirurgischen Eingriff bestehen auch bei der Implantation eines Infusionssystems Risiken, wozu beispielsweise Infektionen gehören. In manchen Fällen kann es zu einem Verschieben und Verstopfen des Katheters kommen; in ganz seltenen Fällen kann auch die Pumpe aufhören zu fördern. Bedingt durch diese möglichen Komplikationen kann die Spastiklinderung beeinträchtigt oder ganz unterbrochen werden. In diesen seltenen Fällen ist zur Wiederherstellung der Therapie ein weiterer Eingriff notwendig. Ihr Arzt wird Sie über die möglichen Nebenwirkungen der intrathekalen Arzneimittelinfusion aufklären.

F. Ist das SynchroMed® Infusionssystem angenehm zu tragen und können andere Leute es bemerken?

A. Die meisten Patienten berichten, dass sie das SynchroMed® Infusionssystem nicht als störend empfinden, es keine Einschränkungen mit sich bringt und bei Bewegungen nicht behindert.

F. Was passiert, wenn in der SynchroMed® Pumpe kein Arzneimittel mehr vorhanden ist?

A. Wenn in der Pumpe kein Arzneimittel mehr vorhanden ist, kehrt Ihre Spastik zurück und Sie werden entsprechende Symptome verspüren. Ihr Arzt kann durch eine Überprüfung mit dem Programmiergerät während der Kontrolluntersuchungen feststellen, wann die Pumpe aufgefüllt werden muss. Er wird Ihnen einen Termin zum Auffüllen geben, bevor die Pumpe leer ist. Falls Sie einen Termin zur Auffüllung versäumen sollten, ist in der Pumpe ein Alarm eingebaut, der anschlägt, wenn das Arzneimittel zur Neige geht. Die Pumpe gibt dann ein Alarmsignal von sich. Es ist wichtig, dass Ihre Pumpe vor Ertönen des Alarmsignals wieder aufgefüllt wird. Wenn Sie den Alarm hören, rufen Sie Ihren Arzt an, um eine sofortige Auffüllung der Pumpe zu veranlassen.

F. Woher weiß ich, dass meine SynchroMed® Pumpe aufgrund einer Batterieerschöpfung erneuert werden muss?

A. Ihr Arzt kann den Zustand der Batterie während der regelmäßigen Kontrolluntersuchungen mit dem Programmiergerät feststellen. Außerdem ist die Pumpe mit einem Alarm ausgestattet, der anschlägt, wenn die Batterie erneuert werden muss. Die Pumpe gibt dann ein Alarmsignal von sich. Wenn Sie den Alarm hören, kontaktieren Sie bitte umgehend Ihren Arzt.

F. Was passiert, wenn die Pumpe erneuert werden muss?

A. Für den Austausch wird Ihr behandelnder Arzt einen Operationstermin mit Ihnen absprechen.

F. Muss ich wegen SynchroMed® auf das Reisen verzichten?

A. Nein, Sie können mit SynchroMed® reisen wie immer, müssen nur an die Auffülltermine für das Arzneimittel denken. Wenn Sie für längere Zeit verreisen, sprechen Sie sich mit Ihrem Arzt ab. Er wird Ihnen sagen, ob Ihre Therapie verändert werden muss und wird mit Ihnen einen Plan ausarbeiten, um Behandlungen oder Auffülltermine während der Reise zu organisieren. Auch im Ausland kann die Pumpe aufgefüllt werden. Ihr Arzt kann vor der Reise bei Medtronic nachfragen, ob es in der Nähe Ihres Reiseortes eine Auffüllmöglichkeit gibt.

F. Hat das Fliegen einen Einfluss auf die SynchroMed® Pumpe?

A. Die üblichen kurzen Geschäfts- oder Urlaubsflüge haben keinen Einfluss auf die Pumpe. Bitte sprechen Sie Ihren Arzt an, wenn Sie einen langen Flug oder einen Flug in einem Flugzeug ohne Druckausgleich planen.

F. Kann ich mit der SynchroMed® Pumpe baden und duschen?

A. Grundsätzlich haben Bäder, Duschen oder Saunagänge keinen Einfluss auf die Pumpenfunktion. Sie sollten aber mit Ihrem Arzt über andere Aktivitäten sprechen, bei denen sich die Temperatur oder der Druck stark verändert, beispielsweise eine Anwendung mit Tiefenwärme oder Tauchen mit Atemgerät.

F. Welche Vorsichtsmaßnahmen sollte ich mit SynchroMed® beachten?

A. Mit der SynchroMed® Pumpe können Sie die meisten der üblichen Haushaltsgeräte wie Mikrowellengeräte, Fernseher, Radio, Fernbedienungen und Videospiele benutzen. Das SynchroMed® Infusionssystem kann allerdings durch elektromagnetische Felder beeinflusst werden. Deswegen sollten Sie keine Geräte mit starken Magneten benutzen. Ein Magnetfeld könnte, abhängig von seiner Stärke, mit der Pumpe interagieren. Auch verschiedene medizinische Prozeduren und Geräte können die Funktion des Infusionssystems beeinflussen. Dazu gehören Magnetresonanztomographen (MRT), Bestrahlungen und Diathermie. Informieren Sie immer Ihren Arzt, wenn Sie weitere Therapien oder Diagnoseverfahren durchführen lassen wollen.

F. Gibt es spezielle Anweisungen für Patienten mit SynchroMed®?

A. Vermeiden Sie Aktivitäten, bei denen es zu Verletzungen oder Stößen an der Implantationsstelle der Pumpe kommen kann. Es ist sehr wichtig, dass Sie alle Nachuntersuchungen einhalten.

F. Wo kann ich weitere Informationen bekommen?

  • Ihr behandelnder Arzt kann Ihnen weitere Fragen zur intrathekalen Arzneimittelinfusion beantworten.
  • Im Internet (Links siehe unten)

 

Weiterführende Links und Behandlungszentren

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Kontakt

Österreichische Gesellschaft für
Neurorehabilitation
Hermanngasse 18/1/4
1070 Wien

oegnr@studio12.co.at
Tel.: +43 (0)1 890 34 74

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